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„Ostpreußen lebt!“: LO-Sprecher Stephan Grigat (r.) begrüßt die Besucher des Sommerfests
Foto: Frahm„Ostpreußen lebt!“: LO-Sprecher Stephan Grigat (r.) begrüßt die Besucher des Sommerfests

Wuttrienen

Neue Künstler, alte Bekannte

Das Ostpreußische Sommerfest in neuem Format

Uwe Hahnkamp
05.07.2023

An einem neuen Ort, mit einem neuen Konzept, aber mit demselben Schwung wie immer. Dazu ein ansprechendes Programm mit einer Mischung aus alten Bekannten und neuen Künstlern, eine hohe Zuschauerfrequenz und sonniges, nicht zu warmes Wetter mit einem ostpreußischen Himmel, der sein Dach über die Veranstaltung spannt. Noch einmal gut umrühren ... Es klingt nach einem gelungenen Rezept für ein Ostpreußisches Sommerfest, und so war es am 24. Juni in Wuttrienen südlich von Allenstein.

Laut Wetterbericht drohte im Laufe des Vormittags Regen im südlichen Ermland, der Himmel hatte jedoch nicht genau hingehört und zeigte bei wechselnder Bewölkung mit seiner unvergleichlichen Weite, warum viele vertriebene Ostpreußen sich an ihrem neuen Wohnort anfangs oft unwohl fühlten. Über 900 Personen aus dem südlichen Ostpreußen sowie Ostpreußen aus dem Bundesgebiet nutzten das stabile, regenfreie Wetter für einen Abstecher in das Dorf Wuttrienen, um gemeinsam das Ostpreußische Sommerfest zu feiern.

Neues Konzept, alte Glocken

Die hohe Besucherzahl war für den Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, Stephan Grigat, ein Beweis, dass sich weiter mit Überzeugung sagen lässt: „Ostpreußen lebt." Damit das so bleibt und sich die Deutschen in der heutigen polnischen Woiwodschaft Ermland-Masuren gut untereinander und mit den Gästen aus dem Bundesgebiet integrieren und ihre Organisationen stabil bleiben, wurde ein neues Konzept versucht. „Nicht nur haben wir einen neuen Festplatz, sondern wir haben auch die Zelte so aufgebaut, dass sie gut miteinander, nebeneinander und gegenüber kommunizieren können, einfach die ganze Zeit am Tisch essen und trinken oder auch das Programm auf der Bühne genießen können", so Stephan Grigat in seiner Begrüßung.

Das Motto „Ostpreußen lebt" griff auch Michal Schlueter als Vertreter des Verbands der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG) auf. Es lebt, und das trotz der schwierigen Situation unter anderem mit der Kürzung der Finanzierung des Sprachunterrichts durch den polnischen Staat. Darauf ging wiederum Jarosław Słoma, der Vorsitzende der Kommission für Minderheitenfragen beim ermländisch-masurischen Landtag ein. Im Namen der Kommission und der Führung der Woiwodschaft erklärte er seine Solidarität mit der Deutschen Minderheit und erinnerte an die zwei großen Ostpreußen Nikolaus Kopernikus und Immanuel Kant.

Wiktor Marek Leyk, der Beauftragte des Marschalls von Ermland und Masuren für Fragen der nationalen und ethnischen Minderheiten, wies auf den Pfad der ermländischen Bischöfe unweit von Wuttrienen und auf eine weitere Veranstaltung am Wochenende hin. „Das Bistum Rottenburg stiftet drei Glocken, die 1941/1942 zu Kriegszwecken abgehängt und nach Hamburg gebracht wurden und nach dem Krieg in Gemeinden des Bistums gelandet sind", so Leyk, der kurze Zeit später mit einigen Vertretern der Deutschen Minderheit zur feierlichen Übergabe einer der Glocken nach Frauenburg aufbrach.

Zuvor schenkte er Manfred Schukat von der Landesgruppe Mecklenburg-Vorpommern, der seit 32 Jahren jedes Jahr mit einer Gruppe zum Sommerfest kommt, den Nachdruck eines historischen evangelischen masurischen Gesangbuchs. Die Glocken waren jedoch nicht das einzige Objekt, das das kulturelle Erbe der Region bereicherte. Wie Domherr André Schmeier beim ökumenischen Gottesdienst zu Beginn des Sommerfestes erklärte, stammte das dabei verwendete Kreuz auf dem Feldaltar aus dem Ort Wuttrienen selbst. Es war vor 150 Jahren vom Großvater von Henryk Hoch, dem Vorsitzenden des Verbands der deutschen Gesellschaften in Ermland und Masuren, geschnitzt worden, der dort zuhause war.

Musikalisch umrahmt wurde der offizielle Teil des Ostpreußischen Sommerfestes 2023 vom Blasorchester aus Scheufelsdorf bei Passenheim. Es wurde vor acht Jahren als erstes Blasorchester des Kreises Ortelsburg von Brigitte und Siegfried Taday gegründet. Die beiden Märsche zur offiziellen Begrüßung – der Preußische Präsentiermarsch von Friedrich Wilhelm III. und der Yorck'sche Marsch von Ludwig van Beethoven – klangen gerade angesichts der heiteren Stimmung von Menschen, Wetter und Musikanten weit weniger militärisch-zackig, als sie bei anderen Anlässen oft zu hören sind.

Bekannte und neue Musik

Die erste Gruppe, die zum kulturellen Programm auftrat, wurde von einem Teil des Publikums sehnlich erwartet. Wilfried Brandt von der Kreisgemeinschaft Neidenburg war mit einer Gruppe von 30 Personen zum ersten Mal seit der 25-Jahr-Feier der Neidenburger Gesellschaft der Deutschen Minderheit wieder in Ostpreußen. „Wir haben Mitglieder der Jahrgänge 1934 bis 1992 dabei", freute er sich über das Interesse auch einiger junger Menschen. Der Chor der Neidenburger Gesellschaft, der im Juli vermutlich seine dritte CD aufnehmen wird, beendete seinen Auftritt mit dem bekannten „Ännchen von Tharau".

Das Lied hat Friedhelm Schülke, der Mann mit der Glocke der Reisegruppe aus Mecklenburg-Vorpommern, inzwischen auf einem Stein in Anklam verewigt. „Wir wollten trotz Corona aktiv sein und zeigen, dass wir als Heimatvertriebene uns für die neue Heimat eingesetzt haben", erklärte er die Initiative dazu. Die Reisegruppe trat dann auch entsprechend diesem Motto engagiert in voller Besetzung auf.

Vor und nach der Mittagspause begeisterte die Tanzgruppe „Saga" aus Bartenstein das Publikum auf und vor der Bühne. Zum Sommerfest war sie mit fünf Debütanten angereist und präsentierte zum Auftakt des zweiten Teils des Programms eine völlige Neuheit: ein kurzes Hip-Hop-Stück, moderne Musik in der Choreografie von Karolina Mandywel, einem Mitglied der Gruppe.

Ganz anders Ella Balakina, eine Schülerin des Vertreters der Landsmannschaft Ostpreußen in Allenstein, Damian Wierzchowski, die zum ersten Mal bei einem Sommerfest dabei war. Vor sechs Jahren kam sie aus der Ukraine nach Polen, spricht fünf Sprachen und sang zur Gitarre deutsch und ukrainisch. Sie spielt noch weitere Instrumente, fotografiert und dichtet – und ist gerade einmal 18 Jahre alt.

Drei bewährte Kräfte hingegen beendeten mit in der Stimmung durchaus unterschiedlichen Auftritten das diesjährige Ostpreußische Sommerfest: der Chor „Ermland" der Gesellschaft der deutschen Minderheit in Heilsberg, sowie BernStein und Monika Krzenzek mit ihren Solo-Stimmen. Gäste, Künstler und Organisatoren bedanken sich für die finanzielle Förderung aus Mitteln der Stiftung Nordostdeutsches Kulturwerk, Lüneburg, für die Stiftung Ostpreußen. Das nächste Sommerfest kann nach dieser gelungenen Ausgabe gerne kommen.

Hier finden Sie ein paar Eindrücke vom Sommerfest.