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LO-Frühlingsseminar

Endlich wieder im „realen Leben“

In Neidenburg fand die aktuelle Veranstaltung für die mittlere Generation der Deutschen Minderheit statt

Uwe Hahnkamp
04.06.2022

Das Frühjahr kommt und mit ihm das Frühlingsseminar, das die Landsmannschaft Ostpreußen (LO) für die mittlere Generation der Deutschen Minderheit im südlichen Ostpreußen organisiert und finanziert. In diesem Jahr fand es am Wochenende 21./22. Mai statt – erstmals nach Corona wieder „im wahren Leben". Geographisch konzentrierte sich die Veranstaltung auf den Kreis Neidenburg.

Während bei den früheren Treffen die Besichtigung von Gutshäusern und Schlössern in einem weiteren Umkreis großen Raum einnahm, blieb es in diesem Jahr lokaler. Das tat aber der Intensität von Begegnung, Diskussion und Wissenserwerb keinen Abbruch, eher im Gegenteil. Die 30 Teilnehmer der Neidenburger Ausgabe des Frühlingsseminars hatten ein dichtes Programm, das sie von sich aus mit Leben füllten und genossen. Einquartiert waren die Mitglieder der Deutschen Minderheit in Hohenstein, Allenstein, Lötzen, Osterode, Preußisch Holland und Neidenburg zentral in der Deutschordensburg in Neidenburg, die neben musealen und Veranstaltungsräumen auch ein Hotel beherbergt.

Wissen zur Stadt und der Deutschen Minderheit

Noch vor der Einquartierung gab es am ersten Tag eine Besichtigung der Burg mit einem eloquenten und wissensreichen Führer, an die sich ein Rundgang durch das Stadtzentrum von Neidenburg anschloss. Neben Burg, Kirche und Rathaus war auf dem Marktplatz unter anderem die Statue eines jungen Nachtwächters mit zwei jungen Hunden ein Blickfang. Er soll für seinen übermüdeten Vater eingesprungen sein, aber mit dem Stab zum Anzünden der Gaslaternen diese nicht erreicht haben.

Solche kleine Informationen machten die Führung von Sabina Reguła sehr lebendig, die darüber hinaus am Nachmittag als Vorsitzende der Neidenburger Gesellschaft der Deutschen Minderheit in deren Räumen unterhalb der Burg die Tätigkeit ihres Vereins vorstellte. Besonders lebhaft wurde es im Anschluss bei einem Blick in die Zukunft. Michał Schlueter, der die regionale Deutsche Minderheit im Vorstand des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG) repräsentiert, brachte den Teilnehmern die Strukturen der Minderheit näher.

Aus dem Gespräch über die Vor- und Nachteile des aktuellen Aufbaus entwickelte sich eine rege Diskussion darüber, wie sich die Aktivitäten von voraussichtlich immer weniger Mitgliedern in Zukunft effektiv organisieren lassen. Interessant war der Meinungsaustausch auch deshalb, weil beim VdG ein Führungswechsel und eine Strategiedebatte für die kommenden Jahre anstehen, die am 28. Mai bei der Wahlversammlung auf dem Sankt Annaberg in Schlesien in Angriff genommen werden.

Die Themen aus diesem Diskussionspanel fanden ihren Weg auch in den abendlichen Gedankenaustausch, wobei der Sonnabend-Abend traditionell eher der Integration der Mitglieder der einzelnen Gesellschaften und dem gegenseitigen Kennenlernen gilt. Denn gerade beim Frühlingsseminar tauchen immer wieder neue Gesichter auf – so auch in diesem Jahr. Entsprechend kurz war auch diesmal für einige Teilnehmer die Nacht vor dem ebenfalls traditionellen heimatkundlichen Ausflug am Sonntag.

Ziel waren zwei Friedhöfe aus dem Ersten Weltkrieg nach der Schlacht bei Tannenberg, auf denen russische und deutsche Soldaten ruhen. Die Struktur ist jedoch denkbar unterschiedlich: Während der Friedhof in Skottau mit drei Terrassen und aus den lokalen Feldsteinen gestaltet ist, wirkt jener in Orlau in den Wald hineinkomponiert, beinahe künstlerisch angelegt. Der dritte geschichtliche Mosaikstein waren Bunker aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs, die im Landschaftsschutzgebiet des Kommusin südlich des Omulef-Sees zu finden sind.

Blick nach vorn und zurück

Hauptziel dieses abschließenden Programmpunkts war aber eine entspannende Wanderung durch ein schönes Stück Natur. Davor gab es zwei unerwartete Hindernisse zu überwinden: eine kurzzeitige Straßensperre, da die Feuerwehr einen Baum kappen musste, der auf die Straße zu fallen stürzte, und eine von einem Baum getroffene Stromleitung, die die Zufahrt zum Omulef-See blockierte. Doch weder von Umwegen noch von schmerzenden Füßen ließen sich die Teilnehmer des Frühlingsseminars stoppen. Ein würdiger Schlusspunkt für ein rundum gelungenes Seminar, das Damian Wierzchowski vom Büro der Landsmannschaft in Ostpreußen auf die Beine gestellt hatte. Der Beifall der Teilnehmer am Ende zeugte deutlich von ihrer Zufriedenheit.