Öffentlichkeitsarbeit der Deutschen Minderheit, Deutschunterricht sowie deutsch-polnische Projekte standen auf der Tagesordnung
Es waren zwei intensive Tage für die Delegierten und Vorsitzenden der Gesellschaften der Deutschen Minderheit im südlichen Ostpreußen am Wochenende vom 15./16. April dieses Jahres. Zuerst die Jahresversammlung des Verbands der deutschen Gesellschaften in Ermland und Masuren am Sonnabendvormittag, vor allem aber danach die von der Landsmannschaft Ostpreußen (LO) organisierte Arbeitstagung in Sensburg.
Die Delegierten zur Jahresversammlung waren wie üblich die letzten Teilnehmer, die zur Arbeitstagung im Hotel Anek ankamen. Die Versammlung findet nämlich am anderen Ende der Sensburger Altstadt im Sitz der Sensburger deutschen Gesellschaft „Bärentatze" statt. Es standen keine Wahlen an, daher war sie in diesem Jahr ruhig und kurz, obwohl es ein sehr durchwachsenes Jahr 2022 zu besprechen gab. Insbesondere die weiterhin schwelende Frage des Unterrichts in Deutsch als Muttersprache an Schulen in der Republik Polen beschäftigte die Delegierten.
Deutsch in der Schule und außerhalb
Dieses Thema nahm auch bei der Arbeitstagung breiten Raum ein. Rafał Bartek, der neue Vorsitzende des Verbands der deutschen sozialkulturellen Gesellschaften in Polen (VdG), der zu den beiden Veranstaltungen aus Oppeln angereist war, stellte die vielfältigen Projekte des VdG zur außerschulischen Sprachbildung in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Mit ihnen sollen die vom polnischen Staat gekürzten Stunden für Deutsch als Muttersprache inhaltlich aufgefangen werden.
Manche Gemeinden, vor allem im Oppelner Schlesien, haben von sich aus die Finanzierung von einer oder zwei der gekürzten Stunden übernommen. Um sich aus der generellen Abhängigkeit zu befreien, wäre die Gründung von zweisprachigen Schulen in Trägerschaft der deutschen Gesellschaften eine Alternative. „Zwar gibt es Hürden bei der Gründung, auch finanzielle bei der Renovierung von potentiellen Schulgebäuden, und es gilt, entsprechende Lehrkräfte zu finden", erklärte Bartek die Herausforderungen, „aber wenn sie steht, ist die Schule unabhängig von Gebietskörperschaften, und die Finanzierung ist dank der staatlichen Gelder für die Schüler gesichert."
Strategie der Deutschen Minderheit
Das ist auch Teil der Ziele im Themenkomplex „Schule und Sprache" der neu erarbeiteten Strategie der Deutschen Minderheit in Polen für die Jahre 2023 bis 2027. Diese stellte in einem Vortrag Michał Schlueter vom Vorstand des VdG vor. Wichtig ist darin eine konsequente Vermittlung eines modernen Bildes der Minderheit mit einer PR-Abteilung zur Bündelung der Kräfte. Das Engagement der Mitglieder, insbesondere auch der Jugendlichen, soll gefördert und neue Mitstreiter gewonnen werden.
„Dabei hilft uns, wie wir bereits jetzt sehen, unser Einsatz für die Menschen, die von der Kürzung der Deutschstunden betroffen sind. Sie nehmen unser Angebot wahr", so Joanna Hassa, die Geschäftsführerin des VdG. „Erheben Sie Ihre Stimme, damit wir überall, wo Kinder betroffen sind, gehört werden", appellierte Bartek daher noch einmal, „denn das Thema des Sprachunterrichts der Minderheit muss im Gespräch und sichtbar bleiben." Zumal überraschend gemäß der letzten Volkszählung in Polen mehr Einwohner die deutsche Sprache im Alltag benutzen als sich zur deutschen Nationalität bekennen.
Ein wichtiges symbolisches deutsch-polnisches Projekt ist die stetig voranschreitende Sanierung von Schloss Steinort, zu der Dietmar Böttcher von der Polnisch-Deutschen Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz referierte. Auch im Jahr 2023 fließen umfangreiche Gelder in das Gebäude, die aber ausschließlich zu dessen Notsicherung dienen. „Solche Maßnahmen zur Stabilisierung des Baus, der Drainage oder einer nachhaltigen Konstruktion des Dachs sind teuer, von außen aber oft nicht sichtbar", bedauerte Böttcher. Wenn die Zwischendecken und mehrfarbigen Deckenmalereien wieder eingesetzt werden, wird sich das voraussichtlich ändern. Ganz wichtig am Projekt ist jedoch weiterhin, so der Sprecher der LO, Stephan Grigat, der vor Kurzem das Schloss besichtigt hat, dass eine Konzeption zur späteren Nutzung vorliegt, die sich selber finanziell trägt.
Steinorter Zukunftsvisionen
Die Teilnehmer waren eifrig bei den Gesprächen zu den verschiedenen Themen dabei, vor allem auch am geselligen Sonnabendabend. Ihre Energie reichte bis zum Ende der Arbeitstagung am Sonntagmittag mit einem gemeinsamen Mittagessen. Danach lud der Domherr André Schmeier noch zum deutschsprachigen katholischen Gottesdienst im nahen Bischofsburg einlud.