Tagebuch einer Memellandfahrt 2005

Am Ännchen-von-Tharau-Brunnen in Memel

Am Ännchen-von-Tharau-Brunnen in Memel

21. Juli – Abholservice Knapstein und 3 Mitfahrer. Der Zafira wird immer voller, fährt aber noch. Durch die Nacht über Reichsstraße 1, – natürlich nicht ohne Zwischenstop an der “Kaffeeklappe”. Die reine Männertruppe ist ein bunter Haufen mit drei Ostpreußen-Frischlingen, darunter Hobby-Bauer Sven, Blaublut Falk “von” und “Benjamin” Benjamin.

22. Juli – Erster kleiner Höhepunkt: Frühstück an der Marienburg. Wie immer ein erhebender Blick auf die größte Backsteinburg der Welt. Später Fahrt über Reichsautobahn … und sie hält und sie hält und sie hält.

Bei Schmidts in Süßenthal hilft Nanette Kaiser auf dem Hof. Alles ausgebucht, aber Schmidts und unsere Zeltplatz-Weide erwarten uns (im strömenden Regen) mit großem Hallo. Reminiszenz an Altvordere Irmchen Börnecke (†): Habe ihren weitgereisten und schon historischen DJO-Fahrtenwimpel mit Ostrune mitgenommen, der ab jetzt immer vor meinem Zelt flattern wird. Wegen des Kalten Krieges konnte er nie im ostpreußischen Wind wehen.

23. Juli – Schloß Schmolainen (Blaublut Falk: “Toller Blick auf die Latifundien. Sollte man kaufen.”), Schloßruine Schlodien (Sven und Stefan wagen sich in die Katakomben der Ruine, Falk: “Könnte man kaufen”), Braunsberg, Frauenburg (Nach dem Kopernikusgrab wird noch immer gesucht). Sodann Wildwasserabfahrt durch gigantischen Regen nach Tolkemit, wo Stefans Wurzeln liegen. Über Cadinen, Elbing nach Pr. Holland. Im Schloß nehmen wir an der Eröffnung der Ausstellung “Wirtschaft und Verkehr im Elbinger Land bis 1945” durch Kreisvertreter Hinz teil. Gespräch mit DV-Vorsitzende Obiala im historischen Steintor fesselt die Truppe. Abstecher nach Süden: Aus dem “Loch” des Tannenbergdenkmals werden (wie schon in Schlodien) Steine mitgenommen. Der Opel geht in die Knie.

Grenze Schmalleningken

Grenze Schmalleningken

24. Juli – Fahrt ins Memelland über Ramsau (siehe Pfingstlager 2003), wo ich über die Volksabstimmung von 1920 referiere, Sorquitten und Heinrichshöfen, wo unser Blaublut wieder gern gekauft hätte. Über Suwalki, Kaunas und Tauroggen (Stefan, für eine erneute Konvention fehlte uns leider einfach die Zeit und Franzosen habe ich auch keine gesehen.) nach Heydekrug. Dort herzliches Wiedersehen mit der Heide-Jugend (siehe Bericht über die Begegnung 2004) und Weiterfahrt nach Windenburg. Der Zeltplatz “Ventaine” hat beinahe ADAC-Qualität.

25. Juli – Heide-Jugend führt BJO durch Heydekrug und Ruß. Ev. Kirche mit herrlichen Jugendstilfresken von Prof. Richard Pfeiffer (Königsberg). Ich bin verstört: Vilma, Roberta, Ramunas und die anderen kennen die in Heydekrug geborene Sängerin “Alexandra” nicht. Das muß mit Schlagerexport behoben werden. Besuch des Hauses der dt. Minderheit.

An der Flußscheide in Ruß wurden 2004 aus Beton gigantische Eisschollenbrecher errichtet, da die Strömung bisher regelmäßig haushohe Eisschollenberge aufgetürmt und in die Stadt geschoben hat. In Windenburg abendlicher Spaziergang zum Kap (Leuchtturm und Vogelwarte). Unvergeßlich: glühend verschwindet das Sonnenrund hinter der Nehrung, während eine Schar Kormorane niedrig über das fast spiegelglatte Haff gleitet. Über den Zeltplatz schwirrt eine schwarze Wolke, – tausende von Staren verdunkeln lautstark den Himmel.

26. Juli – Die Heide-Jugend hat eine Fähr-Überfahrt von der Minge nach Nidden organisiert. Mit 20 Kindern und Jugendlichen genießen wir die Fahrt auf der “Admiralas” über das Kurische Haff. Kurenkähne segeln entlang der Hohen Düne. Nidden wirkt wie Nikolaiken leider schon zu touristisch. Wir besichtigen das Thomas-Mann-Haus, die ev. Kirche und den Friedhof mit den bemerkenswerten Grabkreuzen, die zu den Füßen der Verstorbenen errichtet werden und den Toten den Weg weisen sollen. Baden in der Ostsee. Auf der Hohen Düne genießen wir den Blick. Stefan ist bemüht, Tunnel durch die Düne zu buddeln, scheitert mit seinen Grabungen aber letztlich doch. Sven hat seine Kamera zuhause vergessen und kauft ständig Einwegkameras. Abends Grillen.

Frauenburg: Bernhard Knapstein in 600jähriger Eiche

Frauenburg: Bernhard Knapstein in 600jähriger Eiche

27. Juli – In Memel kauft Hobbybauer Sven ein Pärchen “Memeler Hochflieger”. Das Taubenpärchen ist das erste dieser Art, das seit 1945 Restdeutschland erreichen wird. Das Prökulser Gründungshaus des Sondervereins der Taubenzüchter finden wir aber leider nicht.

Ärgerliche und teure Tradition: Wie schon 1993 zu Cranz versenke ich meine Sonnenbrille zu Nimmersatt unwiederbringlich in den Ostseewellen. In Memel essen wir litauische Küche und erlaufen die Stadt. Den in allen Artikeln beschriebenen Akkordeonspieler am Ännchen-von-Tharau-Brunnen vermisse ich diesmal. Frau Piklaps führt durch das Simon-Dach-Haus, wo wir auch den Memeler Alt-Kreisvertreter Viktor Kittel treffen.

28. Juli – Nach dem Frühstück folgt in der Schlußrunde der traurige Abschied von unseren Freunden. Auf der Rückfahrt über Pogegen wollen wir noch zur Luisebrücke. Wegen der zu erwartenden Staus fahren wir in Pogegen über Adl.- Gr. Plauschwarren direkt an die Memel und stoßen so direkt zur Luisebrücke vor, die ich bisher nur von Tilsit aus kannte. Das Kriegerehrenmal im Zentrum des Ortes Willkischken ist in Bestzustand und beeindruckt uns alle. In Schmalleningken will kein Grenzer unsere Pässe sehen, dafür aber die polnische Grenzpolizei nach meinen “grenzüberschreitenden Aktivitäten” am Dreiländereck bei Serteck. Die Landschaft wirkt wie das Bergische Land bei Wermelskirchen. Über Mauerwald und Heiligelinde weiter nach Neudims. Großes Hallo auf dem Gollan-Hof. Sven besetzt den Agrarmaschinenpark auf den Gollan-Höhen und kommt vor lauter Begeisterung gar nicht mehr zurück.

29. Juli – Nach sensationellem Frühstück mit euterwarmer Milch und Glumse satt treten wir über Allenstein unsere Heimreise an. In Allenstein setzen wir noch unseren Benjamin in den Bus nach Königsberg, wo er noch weitere 3 Wochen verbringen wird (sic!), und besichtigen anschließend das Kopernikushaus.

Die Quantität und Intensität der vielen Eindrücke dieser Ostpreußenfahrt haben alle – mich selbst eingeschlossen – begeistert. Irmchen Börneckes Fahrtenwimpel der DJO aus Osterode/Harz ist weit gereist, – jetzt auch nach Ostpreußen.

p.s.: Den Tierschützern sei gesagt, daß die Tauben unsere ganze Zuneigung und bestmögliche Betreuung erhalten haben. Die stundenlange Fahrt hat bei den Tauben nicht nur nicht zu Ängsten und Müdigkeit, sondern unter munterem Gurren des Täubers sogar zu Ihr-wißt-schon-welche-Aktivitäten geführt.

Bernhard Knapstein

Pr. Holland: Ausstellungseröffnung mit Kreisvertreter Bernd Hinz

Pr. Holland: Ausstellungseröffnung mit Kreisvertreter Bernd Hinz

Runensäule - Hohe Düne

Runensäule - Hohe Düne

Bei den Resten des Tannenberg-Ehrenmals

Bei den Resten des Tannenberg-Ehrenmals

Taubenzüchter mit "Memeler Hochfliegern"

Taubenzüchter mit "Memeler Hochfliegern"

Heide-Jugend und Taubenzüchter

Heide-Jugend und Taubenzüchter

Das Simon-Dach-Haus in Memel

Das Simon-Dach-Haus in Memel

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