Treffen der Mittleren Generation 2011 in der Holsteinischen Schweiz

von Uwe Faesel

Drei Jahre nach dem ersten Treffen der Mittleren Generation in der Fränkischen Schweiz traf man sich wieder in der Schweiz. Und zwar in der Holsteinischen. Genauer gesagt in Bad Segeberg. Das Domizil der vielköpfigen Gruppe lag zwischen dem Segeberger See auf der einen und dem Kalkberg auf der anderen Seite.

Drei Tage lang war Bad Segeberg der Sammelpunkt für alle Ostpreußeninteressierten in der werberelevanten Zielgruppe zwischen 14 und 49 Jahren aus ganz Deutschland. Die Anzahl der statistischen Ausreißer mit jüngerem Alter war erheblich. Viele Besucher des Treffens waren nämlich mit ihren Kindern angereist.
Der letzte Septembertag stand ganz im Zeichen des Ankommens und Vorbereitens. Tatkräftige Helfer bereiteten die Betten und das Abendessen für die später Eintreffenden vor. Das taten sie im Schweiße ihres Angesichtes, weil sich der September mit gleißendem Sonnenlicht und mit Thermometeranzeigen von über 20°C verabschiedete.

Die Tautropfen lagen noch dick und fett auf den Wiesen der Umgebung, wurden aber bereits durch intensivste, morgendliche Oktobersonneneinstrahlung bearbeitet, als die Teilnehmer sich nach Dusche und gemeinsamem Frühstück zu Morgenrunde versammelten. Nachdenklich ging es mit der Frage in den Tag, was „Preußen / Preußentum uns heute überhaupt noch zu sagen habe“. Damit vor allem die zahlreichen Kinder das Ostpreußenlied üben konnten, wurden alle vier Strophen gesungen. Dabei hielten sich einige Stimmbänder deutlich zurück. Aber das sollte sich im Laufe der nächsten 36 Stunden ändern.

Der Teilnehmertroß, im weiteren Artikel TT genannt, machte sich im Anschluß an die gemeinsame Vokalerfahrung an den Aufstieg zum Kalkberg. Kurz unterhalb der Spitze des Karl-May-Bergmassivs blieb man hängen. Wegen der fortwährend steigenden Temperaturen ließ der TT jedoch vom Ziel, den Gipfel zu besteigen, ab, und wandte sich statt dessen der geheimnisvollen Welt der Segeberger Kalkberghöhle zu. Die geologischen Details standen weniger im Fokus des Interesses als vielmehr die Fledermäuse und ihre manchem mysteriös erscheinende Lebensweise. Die Erwachsenen tauchten recht bald wieder an der Tagesoberfläche auf. Dagegen machten viele Kinder die Batmanerkundung zu einem Seminar im naturwissenschaftlichen Sinne und mußten förmlich zur Teilnahme an den ersten Gruppenfotos gezwungen werden. Anschließend machte sich der TT an den schweißtreibenden Abstieg bei nunmehr sommerlichen Temperaturen.

Nach der gemeinsamen Nahrungsaufnahme wurde ein PKW-Konvoi gebildet, der sich nach kürzester Zeit auf dem Weg zum Marine-Ehrenmal in Laboe auflöste.
Die Kieler Förde zeigte ihr freundlichstes Gesicht. Paradiesischer Sonnenschein, erfrischender Seewind und wunderschön zerzaust bizarre Wolkenformationen sorgten dafür, daß der Kriegsirrsinn und das Elend der auf See Gebliebenen beinahe eine frohe Note bekam.
An der Ausgangspforte stellte sich heraus, daß Ostpreußenfreunde alles andere als Herdentiere, sondern vielmehr Individualisten sind. Wieder gelang es aufgrund von geöffneten Eisläden, dem ausgestellten U 995, „der Hund muß jetzt Gassi geführt werden“ und „ich stecke mal eben die Füße in die Ostsee“, nicht, den gesamten TT auf ein einziges Foto zu bekommen. Dennoch wurde auf den gezeigten Fotos dieses Artikels darauf verzichtet, mit Fotomontagen zu arbeiten.

Um ein Haar wäre das genauestens terminierte Abendessen ins Wasser gefallen. Das lag daran, daß sich der TT fast vollständig weigerte, die von sonnenhungrigen Menschen überflutete Kieler Förde wieder zu verlassen. Allerdings setzten die Organisatoren ganz geschickt Schokoplätzchen, Kuchen und inzwischen lauwarm gewordene Getränke ein, um das Hungergefühl im Hypothalamus zu stimulieren. Ein ausgedehntes Abendbrot war die Folge. Stulle um Stulle wurde geschmiert und verdrückt, Salat um Salat aufgefüllt und verspeist und sogar ein Kartoffelauflaufgroßgebinde nach dem anderen mußte herangetragen werden, um sich wieder von der entfachten Hungergemengelage zu lösen. Das war der Auftakt für einen langen Oktoberabend, der sich so anfühlte, als wenn man im Juli-Hochsommer irgendwo an einem heimeligen Ort mit Freunden zeltet, gemeinsam spielt, plaudert und eine herrliche Zeit miteinander verbringt. Es ist schwer zu sagen, wer die Zeit mehr genoß, die Kinder oder die Erwachsenen. Die einen waren, obwohl körperlich klein, fortlaufend neue Spiele erfindend ganz groß und selbständig, während die Erwachsenen eher in Gespräche vertieft dies und das austauschten. Vor allem Gedanken. Urplötzlich wurde von „wie war es früher“ zu neuen Vorhaben und Ideen gesprungen. Und dann wieder zurück. Das Springen hielt bis kurz vor der Geisterstunde an.

Ein kräftiges Frühstück und das gemeinsame Springen und Spielen des Vorabends hatten die Stimmbänder nachhaltig gelockert. Während der Morgenrunde klang das Ostpreußenlied bereits voller und kräftiger als am Tag zuvor. Sogar die Kleinsten summten tapfer mit. Voller Tatendrang wurde die Wanderung um den Segeberger See gestartet. Schnell löste sich der TT in ganz unterschiedliche Tempogruppen auf. Während die einen aufs Tempo drückten, als wollten sie den See-Rundenrekord brechen, sezierten andere in aller Seelenruhe beispielsweise eine am Ufer befindliche Karpfenleiche oder sammelten Bucheckern und weitere der inzwischen unzählbaren Kastanien in Tüten, Hosen und Rücksäcken.
Nach dem gemeinsamen Mittagessen gab es ein harmonisches Gemeinschaftsbad in der sommerlichen Herbstsonne und ein letztes Mal an diesem Wochenende erklang in Bad Segeberg „Land der dunklen Wälder und kristall‘nen Seen“.

Bis zum nächsten Wiedersehen!

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