Impuls für die Zukunft

Der Bund Junges Ostpreußen machte die Kriegsgräberarbeit im Kreis Angerburg zum Schwerpunkt seiner Sommerfahrt 2008.

von Stefan Hein

Etliche Zivil- und Soldatenfriedhöfe in Ostpreußen befinden sich seit Jahren in einem Zustand, der für die Verstorbenen bzw. Gefallenen unwürdig ist. Die Kriege des letzten Jahrhunderts zeigen deutlich auf, zu welchem Haß Nachbarländer fähig sind. Vor dem Hintergrund, daß Politiker in Berlin und Warschau immer wieder mit Blick auf die europäische Vergangenheit den Frieden predigen, ist es verwunderlich, daß viele Soldatenfriedhöfe abseits der Öffentlichkeit vergessen werden. Die ostpreußische Jugend hat sich bewußt für den Kriegsgräbereinsatz entschieden, damit an der letzten Ruhestätte der deutschen Krieger würdevolle Ordnung herrscht.

Gemeinschaft erleben, Heimaterde spüren und Interesse an der Geschichte gehörten zu den wichtigsten Beweggründen für die Teilnahme an der Sommerfreizeit.

Klein Guja, ein kleiner Ort nördlich von Drengfurt, der durch einen seiner ehemaligen Bewohner – den Erforscher der Tier- und Pflanzenwelt Ostpreußens Walter von Sanden – bekannt wurde, war für den BJO der Einsatzort für mehrere Tage. Den im Wald gelegenen Heldenfriedhof schmückt seit den 1990er Jahren ein sechs Meter großes Kreuz in der Mitte. Bis 2004 hat sich ein Bewohner des Ortes der Pflege des Friedhofes angenommen. Seit dies wahrscheinlich aus Altersgründen nicht mehr möglich war, geschah nichts mehr.

Seit einigen Jahren ist ein Rastenburger Heimatverein mit seinem Vorsitzenden Andrzej Masłoń aktiv. Herr Masłoń ist pensionierter Grenzschutzbeamter, hatte früher an der Demarkationslinie gearbeitet und ist mit seinem Verein bemüht, alle Soldatenfriedhöfe im Raum Rastenburg zu dokumentieren und, soweit möglich, nach altem Kartenmaterial zu restaurieren. Der Rastenburger LO-Kreisvertreter Hubertus Hilgendorff stellte den Kontakt zwischen dem BJO und Herrn Masłoń her. Zwischen der LO-Jugend und dem Rastenburger Verein hat sich schnell eine vertrauensvolle Zusammenarbeit entwickelt, die dazu führte, daß Herr Masłoń seinerseits die Stadt Angerburg für die Arbeit der jungen Ostpreußen begeistern konnte. So war das Genehmigungsverfahren zum Arbeiten auf dem Heldenfriedhof und die Bereitstellung von Gerätschaften für die Durchführung der Arbeiten für die Stadt eine Selbstverständlichkeit.

Beim erstmaligen Betreten dieser Ruhestätte bekamen einige Teilnehmer der Fahrt über den Zustand einen Schreck. Erst vor kurzem hatten Wildschweine den gesamten Soldatenfriedhof verwüstet. Aufgrund der sehr hoch gewachsenen Büsche und Gräser waren zunächst nicht alle Grabsteine erkennbar; der umliegende Wald kam dem Friedhof immer näher.

Wenige Meter von dem Soldatenfriedhof entfernt hat ein Teilnehmer den Sockel eines Grabsteines gefunden. Nach näherem Hinsehen haben die jungen Ostpreußen gemerkt, daß es einen Teil eines auf dem Friedhof fehlenden Grabsteines bildete. Es war ein besonderer Augenblick für die Teilnehmer, denn jeder Grabstein steht für ein tapferes Eintreten eines jungen Mannes, der für sein Vaterland gefallen ist.

In Zusammenarbeit mit dem Rastenburger Verein ist es gelungen, in einer Feierstunde den Heldenfriedhof der Stadt Angerburg zu „übergeben“. Dem Bund Junges Ostpreußen wurde für seinen engagierten Einsatz gedankt.

Neben anderen Gästen war auch ein evangelischer Militärpastor, der ein Jahr in Heidelberg Theologie studierte hatte, über die Einladung sehr erfreut. Seinen Segen für den Soldatenfriedhof erteilte er in Deutsch, nachdem die BJO-Teilnehmer zum Gedenken an die Gefallenen das Lied „Ich hatt´ einen Kameraden“ gesungen hatten. Der Bundesvorsitzende des Bund Junges Ostpreußen, der die Sommerfahrt mit dem Schwerpunkt Kriegsgräberarbeit geleitet hat, erinnerte in seiner kurzen Ansprache daran, daß die Soldatenfriedhöfe als Zeugnisse der Vergangenheit lebendig gehalten werden müßten, damit der Frieden zwischen Deutschen, Polen und Russen dauerhaft ist.

Die Stadt Angerburg war mit ihrem stellvertretenden Bürgermeister Andrzej Lachowicz vertreten, der zur mittleren Generation zählt und verständlich Deutsch spricht. Er versprach, daß in Zukunft in regelmäßigen Abständen ein Mitarbeiter der Gemeinde auf dem Heldenfriedhof arbeiten wird. Es war nicht irgendein Termin für den stellvertretenden Bürgermeister, er war vielmehr sehr bewegt, als er sagte: „Eure Arbeit ist für uns ein Impuls, uns dem hier zu stellen“. Seitens des Rastenburger Vereins soll versucht werden, für die Ruhestätte Denkmalschutz zu erwirken.

Um die Kameradschaft zu leben und die Nähe zu den einheimischen Ostpreußen zu haben, hat der Bund Junges Ostpreußen seine Zelte bei einem deutschen Bauern in Thiergarten (östlich von Drengfurt) aufgeschlagen und abends beim klaren Himmel und Lagerfeuer deutsche Lieder gesungen, im Bewußtsein, in der Heimat zu sein.

Die Nähe zu den heimatverbliebenen Landsleuten ist für den BJO Tradition geworden. So kamen die jungen Ostpreußen zu einem Gedankenaustausch mit der deutschen Volksgruppe in Rastenburg zusammen. Dieser war geprägt vom gegenseitigen Respekt und eröffnete den Besuchern einen Einblick in die Aktivitäten vor Ort.

Bei einer solchen Fahrt durften Besichtigungen von historischen Orten und Gebäuden nicht fehlen. Die jungen Heimatforscher bekamen u. a. die Gelegenheit, sich das Rastenburger Stadtschloß anzusehen. In Lötzen nahm die Gruppe am deutschen Gottesdienst in der evangelischen Kirche teil, und die Feste Boyen sowie der neu eröffnete Wasserturm wurden besichtigt.

Der Bund Junges Ostpreußen wird auch in Zukunft die Kriegsgräberarbeit als einen wichtigen Bestandteil seines Wirkens ansehen, denn Soldatenfriedhöfe dienen der Mahnung an alle Menschen, Frieden miteinander zu halten.

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